Frau H., 61 Jahre, hat seit zwei Monaten eine Gelenkzyste (Mukoidzyste) am Finger und kommt im Januar 2019 in meine Behandlung.
Am Endgelenk des rechten Mittelfingers bildet sich immer wieder eine große Blase. Sobald sich die Blase füllt hat sie das Empfinden, „als ist da was drin, wie ein kleiner ‚Spreißel‘ (Splitter)“. Reibt sie daran und drückt sie auf die Zyste, dann entsteht eine Blase, die „piekst wie Nadelstiche“. Sobald die Blase prall gefüllt ist entleert sich auf Druck eine gallertartige Flüssigkeit, und die stechenden Schmerzen verschwinden. Der Zyklus der Entstehung bis zum Aufplatzen der Blase dauerte anfangs etwa sechs Wochen und wurde dann immer kürzer; inzwischen dauert er nur noch zehn Tage. Ein Dermatologe empfiehlt die operative Entfernung. Das möchte Frau H. aber vermeiden.
Frau H. leidet außerdem seit vielen Jahren an Hitzewallungen zwei bis drei Mal nachts und besonders morgens nach dem Aufwachen. Sobald sie die Augen öffnet, ist ihr am ganzen Körper heiß, am stärksten im Gesicht. Seit Jahren Verstopfung; der Stuhl sieht aus wie kleine Kügelchen. Ansonsten fühlt sie sich gesund.
Folgende Rubriken beziehe ich in die Repertorisation ein:
- Zysten / Allgemeines – Tumoren – zystisch (Boger General Analysis / Kent´s Repertory)
- Gallertartig (Boger General Analysis)
- Stechen in äußeren Teilen / Extremitäten, Schmerz, Finger, stechend (Bönninghausen TB / Kent)
- Druck äußerer agg. (Bönninghausen TB)
- Fieber, Hitze agg., beim Erwachen aus dem Schlaf (Boger BBCR)
- Hitze einzelner Teile, im Gesicht (BBCR)
- Beim Erwachen agg. (TB)
- Stuhl, Schafskot wie (Kent)
In der Reihenfolge der durch Arzneimittel abgedeckten Symptome und Wertigkeiten kommen Silicea, Sulfur, Graphites, Calcium carbonicum, Hepar und Ruta in die engere Wahl. Da die Patientin bis vor drei Jahren wegen chronischer Beschwerden in Behandlung war und Calc. gut geholfen hatte, gebe ich ihr zunächst Calc. C200* – ein Kügelchen abends vor dem Schlafen und nach zwei Tagen Arzneipause aufgelöst in einem halben Glas Wasser, morgens und abends je ein Esslöffel für sechs Tage.
Gegen Ende der Einnahme von Calc. beginnt die Blase sich wieder zu füllen. Die erneute Füllung der Blase hat sich zwar zeitlich etwas verzögert, ansonsten aber keine Veränderung, auch nicht der chronischen Symptome. Das ist zu wenig.
Nach meiner Erfahrung bringt es nicht viel, auf einem Mittel, das eine nur geringgradige Besserung bewirkt, quasi “hocken” zu bleiben, z.B. indem man es in ansteigenden Potenzen weitergibt. Eine Fortführung der Behandlung mit Calcium würde mit großer Wahrscheinlichkeit zwar eine weitere langsame Besserung bewirken. Viel zielführender ist, ein komplementäres Folgemittel oder zumindest ein Zwischenmittel zu geben. In den meisten Fällen erreiche ich damit eine rasch fortschreitende Heilung. Daher gebe ich fünf Tage nach Beendigung der Einnahme Sulfur C200, ein Kügelchen abends. Sulfur ist ein gutes Folge- und Wechselmittel von Calcium. Außerdem deckt es die chronischen Symptome der Patientin besser ab als Silicea, z.B. die Hitze bzw. Verschlimmerung beim Erwachen und den Schafskot. Und man sollte Symptome wie „Nadelstiche“, die an Silicea denken lassen, nicht überwerten. Auch Sulfur hat stechende Schmerzen! Drei Tage nach der Einnahme von Sulf. geht es dem Finger deutlich besser. Die Rötung ist fast ganz abgeklungen. Einige Tage lang entleert sich Flüssigkeit aus der Blase ohne Schmerzen, bis sich die Base ganz zurückzieht und verheilt. Drei Wochen nach der Einnahme füllt sie sich noch einmal und „piekst wie Nadelstiche“. Die Patientin erhält erneut Sulf. C200, diesmal über drei Tage aufgelöst. Innerhalb von zwei Tagen füllt sich die Blase, öffnet sich und verheilt endgültig.
Nachbeobachtungszeit: 1 Jahr
Verifizierte Symptome
- Haut – Zysten
- Finger – Mukoidzyste
- Finger – Fingergelenk – Blase
*Homöopathische Arzneien werden aufgrund der Symptomatik im individuellen Krankheitsfall verschrieben und sind nicht auf andere Krankheitsfälle übertragbar.
Alle Namen im Text wurden geändert.
Abkürzungen: < = Verschlimmerung, > = Besserung